Erstellt am 15. Mai 2023 von Andreas Penzkofer

Eine wahre Vielfalt – das Studium in Rom

Nach zwei oder drei Jahren des Studiums in München ist es für uns Seminaristen in Deutschland üblich, für ein Jahr ins Ausland zu gehen, um dort zu studieren oder außerhalb des Studiums neue Erfahrungen zu sammeln. Daneben ist dieses Jahr auch die Zeit, den eigenen Weg noch einmal zu reflektieren, um so mit gestärktem Bewusstsein, den eigenen Berufungsweg weiterzugehen. Für mich ist es im aktuellen Studienjahr soweit. Nachdem ich mich zunächst noch einmal umentscheiden musste, habe ich mich vor etwa einem Jahr dafür entschieden, nach Rom zu ziehen und mein Studium in der Ewigen Stadt fortzusetzen.

Bei der Auswahl zwischen den etwa 15 Universitäten, die in Rom ein Studium der Theologie anbieten, habe ich mir die Päpstliche Universität Gregoriana als meine Alma Mater für dieses Jahr gewählt. Sie ist die größte der Universitäten und wird von der Gesellschaft Jesu – den Jesuiten geleitet. Dies hatte nicht zuletzt den Grund, dass diese ein eigenes Büro für die Anliegen der deutschsprachigen Freisemester-Studenten hat und auch ein entsprechendes Programm mit zwei deutschsprachigen Seminaren, sowie der Möglichkeit, sich aus dem gesamten Vorlesungsverzeichnis, über die Grenzen der einzelnen Fachbereiche, Institute und Fakultäten hinaus, die eigenen Kurse ganz persönlich auszuwählen.

So begann meine Zeit in Rom mit dem Sprachkurs im vergangenen September. Und dieser zeigte bereits die große Besonderheit, in Rom zu studieren: die Internationalität. Im Sprachkurs und auch im Studium kommen die Kommilitonen aus allen Ecken der Welt – von Venezuela bis Vietnam, von den USA bis Burundi waren (fast) alle Nationen vertreten. Viele von den 2.800 Studenten an der PU Gregoriana sind bereits Priester, die für ein Aufbaustudium nach Rom kommen, dazu kommen noch Ordensschwestern und -Brüder, Seminaristen, sowie einige Laien.

Auch die Kurse waren ähnlich divers. Durch die hohe Anzahl an Universitäten und Professoren in dieser Stadt und die Möglichkeit, als Freisemester-Student alle Kurse der PU Gregoriana auszuwählen, konnte ich dabei auch allerlei verschiedene und spezialisierte Kurse auswählen, die es sonst an kaum einer anderen Universität geben könnte. Von einer Vorlesung bei einem Rabbiner über die Bundestheologie aus der Sicht des Judentums bis zu einer Veranstaltung, bei der wir sehen konnten, wie die Texte der Heiligen Schrift über die Jahrhunderte und Jahrtausende übertragen wurden und welche Besonderheiten sich an hebräischen Codices finden lassen. Auch ergab sich hier in Rom die Möglichkeit, innerhalb eines deutschsprachigen Seminars, mehr über die Person Martin Luthers, die katholische Lutherforschung und den Dialog zwischen der katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund zu lernen und uns über diese Themen in einem ökumenischen Seminarkreis auszutauschen. Dabei war es in Rom durch ein wenig Abstand zu unserer deutschen Heimat auch möglich, diese Themen ohne gegenseitige Vorurteile und ohne die voreilige Aufgabe des eigenen Standpunktes, um künstlich einen scheinbaren ökumenischen Fortschritt zu erzeugen, zu diskutieren.

Wenn sich dieses besondere Jahr nun bald seinem Ende zuneigt, werde ich mit einem großen Rucksack an Erfahrungen, Einblicken und vor allem mit neuen Freunden aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und der ganzen Welt nach München zurückkehren und voller Gaudium auf diese Zeit zurückblicken und mich auf den nächsten Aufenthalt in der Ewigen Stadt freuen.