Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt… Christopher Dargel in der Externitas
Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt…
Oder: Ich bin ein Seminarist, holt mich hier raus! – Christopher Dargel in der Externitas
Es war eigentlich alles ganz anders geplant: Freijahr in den USA, New York, Jüngerschaftsschule – der große Sprung über den Teich also. Statt Häuserschluchten sitze ich aber nun am Grund einer norditalienischen Talsohle. Wie konnte es so weit kommen?
Aufgrund der Einreisebeschränkungen, welche die USA erst Ende letzten Jahres aufhoben, musste ich mit einigem Wehmut spontan umplanen und viele meiner Vorsätze fallen lassen. Deshalb studiere ich in meinem Freijahr weiter Theologie an der Philosophisch-Theologischen-Hochschule von Brixen in Südtirol, Italien. Untergebracht bin ich dazu im Vinzentinum (kurz dem ‚Vinz‘), einem diözesanen Internat, dessen Küche sogar erzbischöflichen Ansprüchen gerecht wird (Grüße ins Palais!).
Mir war aber vom ersten Tag an bewusst, dass ich hier von göttlicher Vorsehung geleitet, nicht bloß zum Studieren gekommen war. So organisierte ich mir kurzerhand den Kantorendienst bei zwei Wochentagsmessen in der Dompfarrei (Also NICHT im Dom, denn wie wir alle, liebe auch ich den Under-Dog!). Dabei machte ich die Bekanntschaft mit einem Mesner, der mich bei der Lebensmittelausgabe des Vinzenz-Vereins einspannte, die jeden Freitag stattfindet und rund 60 Menschen versorgt, jüngst natürlich auch Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.
Im Vinzentinum nehme ich mich des 3 Meter langen Schul-Aquariums an, das von mir Ende letzten Jahres in einer Nacht-und Nebelaktion generalüberholt wurde. Seitdem bin ich als ‚Herr der Fische‘ auch der Schülerschaft bekannt, für die ich immer wieder Abendimpulse gestalten darf. Daneben komme ich gelegentlich auch als Aushilfs-Lehrer zum Einsatz, wobei ich in Absprache mit dem Schuldirektor auch Zeugnis von meinem Berufungsweg geben darf.
Natürlich ist mein Freijahrsort landschaftlich beeindruckend, wenn auch für einen Bayern weniger exotisch. Ein Highlight meines bisherigen Aufenthalts bleibt aber sicher der Aufstieg auf die Kassiansspitze (2581 m), von der aus ich einen bislang ungekannten Weitblick über die Südtiroler Berge genießen durfte, die hier fast so sehr verehrt werden, wie der Herrgott selbst.
Auch wenn ich von verschiedensten Seiten viele positive Rückmeldungen bekomme, ja sogar zum Bleiben aufgefordert werde, so freue ich mich doch, bald wieder zurückzukehren in meine (Wahl-)Heimat München. Es ist gerade diese Wiedersehensfreude, die ich als den größten Gewinn meines Freijahrs verbuche – mal ganz unironisch gesagt.