Erstellt am 22. Mai 2021 von Philipp Gartlehner

Vorleser  – oder doch noch mehr? – Lektoratsbeauftragung am 16. Mai 2021

Am 7. Sonntag der Osterzeit, den 16. Mai, wurden Antonius Fischer, Samuel Lerch, Andreas Penzkofer und ich zu Lektoren beauftragt. Die Feier fand im Rahmen der Messe in der Seminarkirche St. Johannes der Täufer statt und Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg stand dieser vor.

„Lesen kann doch jeder!“ Mit diesem Satz bin ich kurz vor der Beauftragung konfrontiert worden und dachte mir: stimmt – aber irgendwie auch nicht. Beim Vorlesen wird Geschriebenes  zu gesprochenem Wort. Dieses dringt zu den Rezipienten, die es ihrerseits hören und dann verarbeiten. Man kann sagen, dass es zu drei Übertragungsschritten kommt und jeder der „Stille Post“ kennt, weiß was auf dem Kommunikationsweg passieren kann. Anhand dieser Schritte möchte ich darlegen warum es sinnvoll ist Lektoren und Lektorinnen auszubilden und für diesen Dienst in der Kirche zu beauftragen.

Im ersten Schritt geht es darum das geschriebene Wort – Gottes Wort – in gesprochene Sprache zu bringen. Dabei scheint mir wichtig, dass man versteht was man liest. Nun handelt es sich bei den Lesungstexten um Wort Gottes, das von Menschen aufgeschrieben und in der Bibel von der Kirche als authentisch festgelegt wurde. In den Texten eröffnet sich ein Raum, in dem wir Gott selbst begegnen können. Wir stehen durch das Wort in Beziehung zu Gott und es wird möglich den tieferen Sinn, der über den Wortsinn hinausgeht, verstehen zu lernen. Dies erfordert eine regelmäßige Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes und die Pflege der eigenen Gottesbeziehung – die Betrachtung und das Gebet. Liegt nun ausreichend Verständnis für den Text vor, folgt der Schritt der sprachlichen Gestaltung. Entscheidend ist, dass die Botschaft des Textes durch die sprachliche Gestaltung (Aussprache, Betonungen, Pausen, Redetempo, Melodieführung, Körpersprache, u.v.m.) Ausdruck findet, um gut empfangen werden zu können.

Nun liegt das ausgesprochene Wort in der Luft und es liegt an den Hörerinnen und Hörern dieses zu vernehmen. Hierbei sollen Tonanlagen unterstützend wirken, um, insbesondere in großen Kirchen, das Zuhören und Verstehen zu ermöglichen. Jedoch geht an Sprachqualität in diesem Schritt meist etwas verloren, weshalb die oben genannten Punkte umso wichtiger sind.

Im dritten Schritt wird das Gehörte verarbeitet und die Hörerinnen und Hörer treten nun selbst in den Raum der Gottesbegegnung ein. Die Lesungen im Gottesdienst sollen genau dies tun: Menschen mit Gott in seinem Wort in Verbindung bringen. Deshalb ist es angemessen, dass die Person, die das Wort Gottes vorträgt, auch eine Beauftragung dazu erhält. Diese verdeutlicht, dass die Verkündigung ein Dienst der Kirche und nicht ein eigenes Projekt ist.

Wie die Überschrift vermuten lässt, geht es um mehr als das Vorlesen. Die Aufgabe der Lektorin oder des Lektors ist das Wort Gottes selbst zu einem Bestandteil des eigenen Lebens zu machen. Sie sollen über die Liturgie hinaus Zeugen des Wortes Gottes sein, um so anderen Menschen eine Begegnung mit Gott zu ermöglichen.