Erstellt am 29. März 2018 von Robert Daiser

Bericht von der Jugend-Vorsynode im Rom von Robert Daiser

Eine junge Kirche gemeinsam auf dem Weg

Mit diesem Satz lässt sich die Erfahrung auf der Vorsynode zur ordentlichen Bischofssynode im Oktober, die sich den Themen Jugend, Glaube und Berufungsunterscheidung widmen wird, zusammenfassen. Das Treffen von über 300 Jugendlichen aus allen Teilen der Welt, von atheistischen Jugendlichen über Angehörigen anderer Religionen und Konfessionen bis hin zu den Engagierten in der katholischen Jugendarbeit im weitesten Bereich, war wirklich eine Synode im griechischen Ursprungssinn des Wortes: ein gemeinsames auf dem Weg sein. Und das trifft nicht nur auf das Procedere der Vorsynode zu, das sich an demjenigen der ‚echten‘ Bischofssynoden orientierte. Bevor der eigentliche Arbeitsprozess begann, kam uns am Montagvormittag aber zunächst Papst Franziskus besuchen. Mit sehr klaren Worten stimmte er uns auf die vor uns liegende Arbeit ein. „Parlare senza filtri“, mit diesem Leitsatz forderte er uns dazu auf, in aller Klarheit und Offenheit, v.a. aber ohne Scham unsere Anliegen auszusprechen. Das war anschließend dank der aufgeschlossenen Gesprächsatmosphäre dann auch wirklich möglich. Zwei weitere Sätze seiner Ansprache klingen mir weiterhin nach: „Liebe bedeutet Nähe“, sagte er uns. Und, dass es nicht nur die Aufgabe der einzelnen Christen sei, Zeugen für das Evangelium zu sein, sondern dass auch die Beziehungen unter uns Zeugnis davon ablegen müssen. Für mich sind das zwei äußerst bedenkenswerte Ansätze, auch für unsere Kirche in Deutschland.

Der eigentliche Arbeitsverlauf verlief dann wie folgt: zunächst wurde in 20 Sprachgruppen in Italienisch, Englisch, Spanisch und Französisch, jeweils á 15 Personen, gearbeitet. Dazu kamen 6 weitere Gruppen, die sich aus den mehr als 15000 Diskussionsteilnehmern aus den Sozialen Netzwerken bildeten. Die Aufgabe bestand darin, einen vorgefertigten Fragenkatalog, der die Themen der Jugendsynode aufgriff, in der Gruppe zu beantworten. Aus diesen Antworten entstand dann die erste Fassung des Abschlussdokuments, die anschließend im Plenum und in den Kleingruppen mehrfach überarbeitet wurde. Die dritte Fassung wurde dann mit überwältigender Mehrheit angenommen. Inhaltlich gesehen spiegelt das Dokument die Pluralität der Anwesenden wieder. Deshalb ist es auch kein „glattes“, sondern ein eher „kantiges“ Abschlussdokument. Es gab durchaus auch Spannungen. Verständlicherweise kann ein Jugendlicher aus Nigeria oder Irak, der extremer Armut, religiöser Diskriminierung,  und tagtäglich Gewalt und Krieg ausgesetzt ist, mit einer jugendgerechten Liturgie und Musik eher wenig anfangen.

Am Ende, und das ist auch die Stärke dieses Dokuments, wurde versucht, den allermeisten Anforderungen und Anliegen gerecht zu werden. Das war schließlich auch die Aufgabe dieses Papiers, das in das Instrumentum Laboris der Synodenväter einfließen wird: den Bischöfen die Realität, in der die Jugendlichen Menschen heute leben, klar vor Augen zu führen. Die Themenschwerpunkte haben daher ein sehr breites Spektrum und reichen von den bereits angesprochenen äußerst schwierigen sozio-kulturellen Bedingungen, wie Krieg und Armut, mit denen sich Jugendliche in vielen Teilen der Welt konfrontiert sehen, bis hin zu der Rolle der Frauen in der Kirche (auch wenn es in erster Linie gar nicht um die Zulassung zur Weihe ging). Auch die Sexualität wurde in mehreren Aspekten erwähnt, u.a. der kirchliche Umgang mit Homosexualität. Bemerkenswert ist, dass viele Jugendliche sich eine klarere und verständlichere Erklärung der kirchlichen Lehre wünschten.

Insgesamt gesehen ist das Dokument von einem sehr positiven Grundton geprägt, der deutlich macht, dass sich die anwesenden Jugendlichen um ihre Kirche mühen. Bei aller klarer und berechtigter Kritik identifizieren sie sich mit der Kirche und wollen auch ein aktiver Teil von ihr sein. Für mich war es überraschend zu sehen, wie viele Potentiale und Anknüpfungspunkte sie in Glaube und Kirche auch für ihre nicht-gläubigen Altersgenossen und deren eigene Sinnsuche, gerade in der heutigen Zeit, sehen. Häufig war davon die Rede, dass die jungen Menschen auf der Suche nach Orientierung in der heute sehr komplexen und schnelllebigen Zeit sind. Das ist eine Chance für die Kirche, die eine echte Alternative aufzeigen, und deren Vertreter eine Vorbildfunktion einnehmen könnten. Deshalb wollen sie die Kirche verändern, damit ihre eigentliche Botschaft allen jungen Menschen wieder besser vermittelt werden kann. Deshalb fordern sie eine Kirche, die mehr als Gemeinschaft und nicht nur als Institution erfahrbar ist. Das geht aber nur durch eine authentische Kirche, die selbst lebt, was sie verkündet.

In der Vorsynode wurden viele der angeklungenen Forderungen bereits in die Tat umgesetzt. Bei allen Differenzen und Unterschieden merkte man doch, dass das, was uns verbindet stärker ist als alles, was uns vermeintlich zu trennen scheint. Das gilt für die Weltkirche, aber auch für die deutsche Delegation, die mit acht Vertretern auf der Vorsynode stark präsent war. Das macht Hoffnung für eine junge Kirche gemeinsam auf dem Weg – auch in Deutschland.