Erstellt am 17. Dezember 2017 von Korbinian Stegemeyer

Essensgästefest

„Fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen!“ (Mt 1,20) – so lautete ein Vers aus der Vesperlesung am 13.12.2017. Trotz aller Unterschiedlichkeit der Situationen konnte die Seminargemeinschaft an diesem Abend ein wenig die Bedenken Josefs nachvollziehen, der dieses Wort im Traum gesagt bekommt: Er muss sich entscheiden, ob er mit seiner jungen Verlobten auch ihr Kind annimmt, dessen Vater er nicht ist; wenn wir beim Essensgästefest viele verschiedene, weitestgehend unbekannte Menschen zumindest für einen Abend in unsere Kirche und dann zum Essen einladen, konfrontieren wir uns mit Schicksalen, die sonst in unserer alltäglichen Lebenswelt nur am Rande vorkommen. Die Einladung ergeht nämlich an Personen, die mehr oder weniger regelmäßig vormittags in den Vorraum des Pfortenbereichs kommen, um ein kostenloses warmes Essen zu sich zu nehmen.

Der Abend begann mit einer gesungenen Vesper, in der als Lesung eben der Abschnitt aus dem Matthäusevangelium vorgetragen wurde, in dem Josef von der Herkunft des Jesuskindes erfährt (Mt 1,18-25). In seiner Predigt fragte Spiritual Andreas Schmidt, wie das Beispiel des Heiligen Josef uns beim Umgang mit Sorgen helfen kann: Josef werde im Kontakt mit Gott über seine eigenen Überlegungen hinausgeführt. Für ein ähnliches Eingreifen Gottes könne sich jeder öffnen, indem er seine Nöte im Gebet vor Gott bringe. Er werde dann die Perspektive weiten.

Beim anschließenden Abendessen galt es dann für die Mitglieder der Hausgemeinschaft, mit Essenstellern, Salatschüsseln und Gebäckkisten an den Biertischbänken entlang zu eilen, die im Vorraum der Kirche aufgestellt waren: Hier verlangte jemand noch einen Nachschlag; dort war ein Gespräch über das Leben im Seminar zu führen. Trotz dieser Geschäftigkeit stellte sich im Laufe der Zeit eine gelöste Stimmung ein. Es war gelungen, dem ein oder anderen unserer Gäste eine Freude zu machen. Nach dem Essen saßen einige Seminaristen noch länger bei Einzelnen oder kleinen Gruppen. Wenn man da den Vorraum der Kirche überblickte, merkte man: Es war gut, die Türen zu öffnen und Begegnungen möglich zu machen.